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Battistelli: LOT - Pressestimmen

Battistelli: LOT - Pressestimmen


Ausgewählte Pressestimmen


Nach der Transposition von Federico Fellinis Film Die Orchesterprobe und dem Welterfolg von Experimentum Mundi (einem Werk mit ‚musique concrète‘ von Handwerksgeräuschen); nach zwei vielbeachteten Literatur-Opern (Der Herbst des Patriarchen, nach Gabriel García Márquez, und Auf den Marmorklippen, nach Ernst Jünger) ist dem vierundsechzigjährigen Battistelli mit Lot eine höchst aktuelle musikdramatische Parabel über den realen Wahnsinn von Zerstörung und Flucht gelungen.“ (Jürgen Kesting, FAZ, 04.04.2017)

„Die Musik ist denn neben der sängerischen Umsetzung das Ereignis des Abends. Vor Battistellis Zeitgenossenschaft braucht niemand Angst zu haben. Der italienische Komponist (Auf den Marmorklippen) will nicht um jeden Preis modern sein. Er bedient sich bei allem, was gut und gut klingend im 20. Jahrhundert ist. Die Instrumentierung ist handwerklich klasse – wenn sich da schon gleich in der Ouvertüre die Musik wellenförmig und streichsatt bewegt – mit glitzernden Harfenglissandi auf dem nach Schreker oder Debussy tönenden Klangmeer.“
(Henning Queren, Neue Presse, 03.04.2017)

„Der 1953 nahe Rom geborene Komponist Giorgio Battistelli ist mit seinem neuen Stück Lot einer der kompetenten Realisten des mythischen Erzählgenres. Allein die Tatsache, dass Battistelli im Lauf der Jahre Sten Nadolnys Entdeckung der Langsamkeit und Ernst Jüngers Auf den Marmorklippen, ferner Shakespeares Richard III und den Fellini-Film Prova d’orchestra veropert hat, sagt viel aus über seine ästhetische Fabulierlust.“
(Wolfgang Schreiber, SZ, 12.04.2017)

„Zu diesem nur auf den ersten Blick holzschnittartigen Textbuch schreibt Battistelli eine Musik, die der moralisch schillernden Geschichte gerecht wird. Am Anfang schillert und schwebt, wabert und webt ein Orchesterklang, allerdings in H-Dur und nicht im Rheingold-Es. Der kunstfertige Routinier Battistelli, der Ernst Jünger und Gabriel García Márquez ebenso in Operntöne fassen kann wie die schicke Modeszene, bleibt oft in der deklamatorischen Nacherzählung, die immer wieder mit harten Tutti-Eruptionen akzentuiert wird, was das Staatsorchester unter der kompetenten Leitung von Mark Rohde lustvoll ausführt.“
(Rainer Wagner, Die Opernwelt, 6/2017)

Battistelli LOT

Giorgio Battistelli Oper LOT wird am 1. April 2017 an der Staatsoper Hannover unter der Leitung von Mark Rohde und in der Regie von Frank Hilbrich uraufgeführt. Hier ein Interview mit dem Komponisten:


LOT basiert auf einer Geschichte aus der Bibel. Welche Charaktere haben Sie stehen bei Ihnen im Fokus?
Kaum eine andere Geschichte der Bibel ist so roh und verstörend wie die von LOT und seinen Töchtern. In der Oper wollte ich die in der Erzählung vorkommenden „unerwarteten“ Gäste hervorheben: die zwei Seraphim, also die Kriegsengel Gottes. Sie stellen das scheinbare Gleichgewicht, das in Sodom und Gomorra existiert, in Frage. Die Engel sind eine destabilisierende Kraft, die mich an den Gast in Pasolinis Teorema erinnern. Als sie in die Stadt kommen, werden sie mit dem Zorn der Bewohner konfrontiert, die sie von dort wieder vertreiben möchten. Aber LOT verteidigt die beiden Engel und bietet ihnen Zuflucht. Daraufhin raten die Seraphim LOT und seiner Familie dazu, aus der Stadt zu fliehen, da diese zerstört werden wird. Jedoch dürfen sie sich beim Verlassen der Stadt bekanntlich nicht umdrehen, damit sie nicht sehen, was dort passiert.


In ihrer letzten Oper CO2, die 2016 an der Scala uraufgeführt wurde, ging es um Klimaerwärmung und um die Zukunft unseres Planeten und der Menschheit. Was ist das Thema der Oper LOT?
Ich bin zurückgegangen zum „Buch der Bücher“, da ich dort die Grundüberzeugung jeden Glaubens gefunden habe: dass Gastfreundschaft heilig ist. Jeder, der an deine Tür klopft, wird von Gott gesandt. Vor dieser fremden Person Angst zu haben ist eine sehr menschliche Reaktion, aber eine Auseinandersetzung mit dem Fremden ist unvermeidlich. 

Der Exodus, den wir heute erleben, hat tatsächlich etwas Biblisches. Für mich besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Geschichte von LOT und der Desorientierung, die wir heute erleben. Diese Realität, die sich auch ständig weiterentwickelt, setzt uns unter Druck, indem sie von uns verlangt, dass wir sie interpretieren. In dieser Periode unserer Zivilisation können wir nicht innehalten – wir müssen uns vorwärts bewegen und versuchen, durchzukommen, trotz allerSchmerzen.

Wie hat sich Ihre musikalische Sprache über die letzten Jahre verändert?
Meine Kompositionsweise entwickelt sich zunehmend hin zu einer relationalen Schreibweise, in der es expressive Brücken gibt, die heterogene Dimensionen miteinander verbinden. Ich bin voll und ganz davon überzeugt, dass dieses Heterogene heutzutage nicht mehr als etwas Verwirrendes wahrgenommen wird. Es ist vielmehr zu einem objektiven Teil unserer Realität geworden, mit dem wir umgehen müssen. Das bedeutet zugleich, dass sowohl das traditionelle als auch das zeitgenössische Dogma nicht länger gültig ist.


LOT
Oper in drei Akten (deutsche Sprache)
Auftrag von der Staatsoper Hannover
Libretto: Jenny Erpenbeck
Uraufführung: Staatsoper Hannover, 1. April 2017
Orchester und Chor der Staatsoper Hannover
Dirigent: Mark Rohde – Inszenierung: Frank Hilbrich
LOT (Bariton), Tochter 1 (Dramatischer Sopran), Tochter 2 (Mezzosopran), Frau (Kontraalt), zwei Engel (Tenor), 
Abraham (Bass), Sarah (Mezzosopran), Isaac  (8-jähriges Kind, stumm), Gott (Bariton), Bürger  1 (Tenor), Bürger 2 (Bassbariton), Bürgerin (Sopran),  gemischter Chor
Besetzung: Picc.2.2.Engl-Hn.2.Bkl.3 - 4.4.4.2 - Pk.3Perc -  Klav.Hrf - Streicher
Dauer: 90‘



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Photo: Jörg Landsberg