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Heiner Goebbels: „Surrogate Cities“ in Hannover

Heiner Goebbels: „Surrogate Cities“ in Hannover

Am 21. Mai 2017 fand das Abschlusskonzert der KunstFestSpiele Herrenhausen mit Heiner Goebbels‘ siebenteiligem Orchester-Zyklus Surrogate Cities im Transporterwerk von Volkswagen Nutzfahrzeuge in Hannover statt. Ingo Metzmacher leitete das Ensemble Modern Orchestra, bestehend aus Musikerinnen und Musikern des Ensemble Modern, der Jungen Deutschen Philharmonie und der Internationalen Ensemble Modern Akademie.


Aufführung

Ensemble Modern Orchestra, Ingo Metzmacher (Dir.)
Jocelyn B. Smith (Gesang), David Moss (Stimme)
Gleisfeld im Transporterwerk, Volkswagen Nutzfahrzeuge, Hannover-Stöcken
21.05.2017
Eine Produktion der KunstFestSpiele Herrenhausen 
in Kooperation mit Volkswagen Nutzfahrzeuge Hannover


Interview: Heiner Goebbels über Surrogate Cities


Kunstfestspiele Goebbels

 
Hugo Hamilton über Heiner Goebbels' Surrogate Cities

Wir stellen uns die moderne Metropole vor als ein Gebilde mit einer Seele, einem Herzen und einem Puls. Schon immer zeichnete sich die Stadt durch menschliche Eigenschaften aus. Aber lässt sich dies nicht auch umgekehrt behaupten? Spiegeln nicht unser Verhalten und unsere Neurosen auch das Getöse unserer Städte wider? Die Stadt ist etwas Lebendiges. Sie atmet. Sie bleibt im Takt. Sie kann nachts nicht schlafen.

Sie verfügt über menschliche Energie, menschliche Merkmale und menschliche Makel. Sie hat einen Geist, geballt mit einer eigentümlichen Logik, voll der Erinnerung, die aus den Straßen hochsteigt, voll aufleuchtender Träume und Heimatlosigkeit. Selbst das Graffiti ist ein Zeichen der Zugehörigkeit.

Auf der anderen Seite hat der menschliche Geist mittlerweile sämtliche chaotischen Eigenschaften der Stadt angenommen. Wir haben eine Mentalität entwickelt, die das Gewimmel der Massen und die Zurückgezogenheit ins Private, die öffentliche Plätze und einsame Parkbänke gleichzeitig denkt. Sowohl Sicherheit als auch Abenteuer sind Muster, denen wir folgen. Wir entsorgen Teile unseres Selbst wie Elektroschrott, der den Bahndamm hinuntergekippt wurde. Wir lassen uns Graffiti auf unsere Körper schreiben. Wir hören die Stadt in unseren Köpfen wie eine atonale Symphonie, bei der sich Geklapper und Gescharre mit Momenten der Stille abwechseln. Vielleicht haben wir auch inzwischen einen Punkt der Evolution erreicht, an dem unsere Technologie die Erde in eine einzige virtuelle Stadt verwandelt hat, die auf ewig zusammengeschweißt und zugleich disparat ist. Als stünden wir auf einer Verkehrsinsel, und der Lärm der ganzen Welt kreiste um uns herum. 


Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der KunstFestSpiele Herrenhausen.


Kunstfestspiele Ensemble Modern

Kunstfestspiele Metzmacher



Pressestimmen

Hannoversche Allgemeine Zeitung | 22. Mai 2017 
„Goebbels kraftvoll collagiertes Stück, das Elemente aus sehr unterschiedlichen Klangwelten zu einem Ganzen verbindet, schlug dabei einen Bogen zum Auftaktkonzert […]“

Neue Presse | 22. Mai 2017
„Die Soundspur pluckert, pulsiert, rast, wird richtig hektisch und kommt nur selten ganz zur Ruhe – mehr Stadt, mehr Fabrik lässt sich mit Musik kaum darstellen.“



Komponistenprofil: Heiner Goebbels

Photos: Kunstfestspiele Herrenhausen