Ricordi Archiv

Archivio Storico Ricordi

“Das Ricordi-Archiv ist eine Kathedrale der Musik, einzigartig in der Welt.” (Luciano Berio)

Mit der Gründung des Ricordi-Verlags im Jahr 1808 entstand auch ein Archiv, das eine der wichtigsten privaten Sammlungen im Musikbereich weltweit beinhaltet. Das Archivio Storico Ricordi bewahrt unter anderem die Originalhandschriften von 23 der 28 Verdi-Opern sowie die Manuskripte sämtlicher Puccini-Opern auf (mit Ausnahme von La Rondine). Zum Archiv gehören auch zahlreiche Manuskripte von Bellini, Rossini und Donizetti sowie von zeitgenössischen Komponisten wie Nono, Donatoni, Sciarrino und Bussotti.

Das Archiv beherbergt zudem eine umfangreiche ikonographische Sammlung mit Dokumenten zu Uraufführungen und Premieren. Dazu zählen neben Bühnen- und Kostümentwürfen vor allem eine große Anzahl an Photographien, Briefen und Geschäftsunterlagen. Diese Unterlagen dienen Wissenschaftlern zur Erforschung der Entstehung großer Meisterwerke der Operngeschichte und der Entwicklung des Verlagswesens im 19. und 20. Jahrhundert.

Die ikonographische Abteilung des Archivs liefert wichtige Informationen zum Musikleben, zur Geschichte des Theaters sowie zur bildenden und angewandten Kunst (insbesondere in Hinblick auf Kostüme, Schmuck und Bühnenrequisiten). Weiterhin beinhaltet das Archivio Storico Ricordi zahlreiche Dokumente zum Verlagsgeschäft, aus der sich die Beziehung des Verlags zu seinen Komponisten sowie zu Schriftstellern und bildenden Künstlern rekonstruieren lässt. Die Sammlung liefert der Wissenschaft Einblicke in das private Leben und in das Schaffen zahlreicher Komponisten – von deren Frühwerken (beispielsweise Verdis Oberto conte di San Bonifacio oder Puccinis Le Villi) bis hin zu deren Meisterwerken (wie Verdis Falstaff oder Puccinis unvollendete Oper Turandot).

Die außerordentliche Bedeutung des Archivs liegt auch in seiner Vielfalt begründet. Es ermöglicht einen umfangreichen Überblick über die Entwicklung der italienischen Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert. Das Archiv befindet sich heute in der Nationalbibliothek Braidense in Mailand, der Bestand umfasst rund 8.000 Partituren, über 16.000 Briefe von Musikern, Librettisten, Sängern und wichtigen Persönlichkeiten des Kulturlebens, rund 10.000 Kostüme und Bühnenentwürfe, mehr als 9.000 Librettos, 6.000 historische Photographien sowie eine große Sammlung an Jugendstil- und Art-Deco-Postern, die von einigen der größten Künstler der Zeit angefertigt wurden.

1994 übernahm das deutsche Unternehmen Bertelsmann den Verlag Ricordi; im selben Jahr wurde das Archiv unter Denkmalschutz gestellt. Der neue Eigentümer legte besonderen Wert auf die Anerkennung des kostbaren Ricordi-Archivs als einem einzigartigen Zeugnis der kulturellen und unternehmerischen Geschichte Italiens.

Das Archivio Storico Ricordi schützt, bewahrt und vermittelt das Wissen um dieses historische Erbe. Es bietet Recherchedienste an, arbeitet an der Digitalisierung seiner Bestände und vermittelt diese an Kulturorganisationen, Universitäten und Bildungseinrichtungen.

Zur Sammlung

Die Digitalisierung des Bestandes des historischen Archivs erfolgt dank eines gemeinsamen Beschlusses des italienischen Kulturministeriums, der Nationalen Abteilung für Archive und Bibliotheken, dem Aufsichtsrat für Bibliotheken und kulturelle Institutionen und Casa Ricordi. Die Umsetzung der Digitalisierung erfolgt in Kooperation mit der Nationalbibliothek Braidense (dem Standort des historischen Archivs), und dem Laboratorium für musikalische Informationen (LIM) der Universität von Mailand, das die Software für die Katalogisierung liefert, die speziell für dieses Projekt entwickelt wurde. Die Zusammenarbeit dieser unterschiedlichen Institutionen ist ein klares Bekenntnis zur Überlieferung des Archivmaterials ins digitale Zeitalter.

2006 begann die Katalogisierung und das digitale Abfotografieren des historischen Archivs, gemäß den Standards der Nationalbibliothek Servizio Bibliotecario Nazionale (SBN) und des Istituto Centrale per il Catalogo Unico (ICCU). Aufgrund der künstlerischen und historischen Bedeutung des Archivs untersteht dessen Digitalisierung direkt der Aufsicht des Kulturministeriums. Die Umsetzung dieses Vorhabens dient der Erhaltung und dem Ausbau des Materialbestandes des historischen Archivs und ist ein Vorzeigemodell für die Verbreitung und Förderung von Kultur mit neuesten technischen Mitteln.