News

Nikolaus Brass: Die Vorübergehenden in München

Nikolaus Brass: Die Vorübergehenden in München

Nikolaus Brass‘ neue Oper Die Vorübergehenden wurde als Auftragswerk der Bayerischen Staatsoper im Rahmen der Münchner Opernfestspiele uraufgeführt. Das Libretto über einen von Selbstzweifeln und Entfremdung geplagten Protagonisten stammt aus der Feder des Komponisten unter Einbeziehung von Texten von Tomas Tranströmer, Rose Ausländer und Mahmoud Darwish. Inszeniert von Ludger Engels und unter Leitung von Marie Jacquot präsentierte die Produktion ein hochkarätiges Solistenensemble um Sarah Maria Sun, Nikolay Borchev und Vasily Khoroshev.





Pressestimmen

»Die für achtzehn Spieler geschriebene Partitur ist detailgenau durchkomponiert bis auf eine improvisatorische Passage, in der sich auch die szenische Struktur auflöst. Gesang und Instrumente verbinden sich zu einem ausdrucksstarken Klanggewebe, das vor allem seiner eigenen musikalischen Logik folgt. Die in weiten Intervallen geführten Singstimmen forderten die Ausführenden zu Höchstleistungen heraus, allen voran Sarah Maria Sun und Nikolay Borchev in den Hauptrollen sowie Ilker Arcayürek als Reisender. Die Dirigentin Marie Jacquot hielt das komplexe Geschehen mit den im Raum weit verstreuten Solisten, Chor und Ensemble bravourös zusammen.«
FAZ 17.07.2018
 
» ... Lyrik also, die Verinnerlichtes in Sprachbildern reflektiert. So erklären sich auch die Strukturen der Musik und der Gesangslinien, die sich aus dem Stöhnen zum Stammeln, zur textlosen Vokalise und zum gesungenen Text entwickeln. Die Instrumente – Bläser, Akkordeon, farbenreiches Schlagwerk und ein Streichquintett – schmiegen sich zum Teil eng an die Stimmen, erzeugen eine teils flirrende, manchmal heftig aufwallende Klangfläche. […] Für die szenische Umsetzung dieses Musiktheaters haben Regisseur Ludger Engels, Bühnen- und Kostümbildner Ric Schachtebeck und Beleuchter Benedikt Zehm eine überzeugende Lösung gefunden, die das Motelzimmer mit gläsernen Wänden in die Mitte setzt und den ganzen Raum mit verschiedenen Inseln bespielt.«
Schwäbische 16.07.2018
 
»Denn was in den eineinhalb Stunden davor passiert, ist musikalisch wie szenisch ein ziemliches Ereignis [...] Weil der Hörer gewissermaßen in das Kopftheater des Liebenden hineinversetzt wird. Während sich die Sänger relativ frei im Raum bewegen, sitzen die Orchester- und Chorgruppen, souverän geleitet von Marie Jacquot, rundum im Rücken des Publikums, dicht an die Wände gedrängt. Diese Anordnung zahlt sich aus, weil die Nähe und Ferne der Klänge und Stimmen den Vorgang des Erinnerns selbst akustisch einfangen. Mal dringen sie grell, fast aufdringlich ins Ohr, unmöglich sie zu ignorieren oder wegzuschieben – mal tönen sie fern, undeutlich wie ein schlecht gestelltes Radio, sodass man sich anstrengen muss, überhaupt irgendetwas zu verstehen.«
BR 14.07.2018

»Wut, Trauer, Erschöpfung, Hingabe, Liebe, Verzweiflung – jedes menschliche Gefühl gießt Brass in Klänge.«
DFK 13.07.2018


Brass die Voruebergehenden
Die Vorübergehenden, München 2018

Zum Inhalt

Nachts, ein Zimmer in der Fremde, ein Mann mitten im Leben: Überraschend holen ihn Erinnerungen wieder ein. Sein Leben zieht an ihm vorbei, erst bruchstückhaft, dann immer deutlicher. Vor allem Gesichter und Stimmen von Menschen, die ihm einmal nahestanden, tauchen aus der Welt hinter den Wänden auf: eine Geliebte, die ihn verlassen hat, ihrer beider Kind, dem gegenüber er genauso versagt hat wie einst seine eigenen Eltern, deren erbärmlicher Welt er den Rücken kehrte. Ein Geflüchteter, mit dem er sich identifizierte, dem er aber nicht zu helfen vermochte. Trotz seines sprechenden Rollennamens „Der Liebende“ muss er schmerzlich feststellen, dass es ihm nicht gelungen ist, sich diesen Menschen restlos zu öffnen. Nachdem er sich gegen den Besuch der Vorübergehenden aus der Welt des Vergessens anfänglich wehrt, nimmt er ihn mehr und mehr zum Anlass für eine schonungslose Selbstbefragung. Für einen utopischen Moment scheint Erfüllung im Miteinander möglich. Doch bleibt am Ende vor allem die Erkenntnis, dass er sich ein Leben lang selbst fremd geblieben ist.
Aus: Max Joseph / Bayerische Staatsoper, Festspielausgabe 2018


Brass die Voruebergehenden Picture of Die Voruebergehenden by Nikolaus Brass
Die Vorübergehenden, München 2018

Die Vorübergehenden (2017)

Oper in 2 Teilen und einem Epilog von Nikolaus Brass. Libretto unter Verwendung von Gedichten von Tomas Tranströmer, Rose Ausländer und Mahmoud Darwish von Nikolaus Brass.
S.A.Ct.2T.2Bar - Chr - Child - 2.2.2.2sax.0 - 1.1.1.0 - 2perc - acc - 2vl.2vla.vc - video - tape
Dauer: 120’


 






Photos: Wilfried Hösl