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Globokar: neue Werke für Ensemble uraufgeführt

Globokar: neue Werke für Ensemble uraufgeführt

Zwei Ensemblestücke der europäischen Avantgarde-Legende Vinko Globokar kamen im November zur Uraufführung. Im Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses erklang am 3.11. das von Wien Modern und Studio Dan in Auftrag gegebene Passagio verso il rischio, eine assoziative Reise durch Globokars Leben. Sein musikalischer Blumenstrauß Bouquet de paramètres sauvages feierte im Rahmen des 20. Slowind Festivals in Ljubljana Premiere. Es spielte das Klangforum Wien gemeinsam mit dem Slowind Quintet unter der Leitung von Steven Loy. Am 5.12.2018 ist das Stück im Wiener Radiokulturhaus erstmals in Österreich zu hören.

Passagio verso il rischio (2017)

fl.asax.tpt.trb.vl.vc.db
Dauer: 30'

3.11.2018 (UA)
Studio Dan, Daniel Riegler (Posaune und Dirigent); Wien Modern – Wiener Konzerthaus

Picture of Christian Wolff and Vinko Globokar at Wien Modern 2018
Vinko Globokar mit Christian Wolff bei Wien Modern 2018

Über das Werk

PASSAGGIO (Durchführen) Mit dem Schlagzeuger Jean Pierre Drouet führen wir aus Paris nach Bled (damals Jugoslawien), um den ganzen Sommer in einem Tanzlokal zu spielen. Gegen abends rief Drouet seinen Freund, den in Mailand lebenden Komponisten Luciano Berio, an, der uns einlud, bei ihm zu übernachten. Er komponierte gerade seine erste Oper Passaggio. Die Schrift war so kompliziert, dass ich sein Kompositionsstudent wurde. Nach einigen Lektionen sagte er: «Du weißt alles. Wenn du Ideen hast, komponiere. Wenn du anfängst, jemanden zu kopieren, höre auf zu komponieren, der Schaden wird geringer sein.»
VERSO (in Richtung …) Studium der Posaune am Pariser Konservatorium, Studiomusiker, Kölner Hochschulprofessor, Instrumental- und Vokalforscher bei IRCAM, Kompostionsstudent bei René Leibowitz, Interesse für freie Improvisation. 
RISCHIO (Gefahr) In 13 Jahren haben wir mit Jean-Pierre Drouet (Schlagzeug), Michel Portal (Klarinetten, Saxophone, Bandoneon), Roque Alsina (Klavier, Orgel) rund 150 Konzerte mit New Phonic Art in der ganzen Welt gemacht – ohne ein Wort zu sprechen. Kein Wort davor und auch nachher nicht! 
WARUM die Mitwirkung mit Studio Dan und Daniel Riegler? Zwischen 1970 und 1983 habe ich an Laboratorium gearbeitet, einem experimentellen Werk für zehn Musiker (Gesamtdauer 5 Stunden). Daniel hat einige Stücke ausgewahlt und davon ein Spektakel fur Kinder gemacht [Wien Modern 2016]. Bei mir war kein Humor. Daniel hat dazugegeben, was fehlte. Danke Dan und Daniel! (in slowenischer Sprache bedeutet Dober Dan: Schöner Tag.)
—Vinko Globokar
 

Partitur von Passagio verso il rischio 



Bouquet de paramètres sauvages (2018)

pour 14 instruments
fl.ob.cl.bsn.vl.vla.vc.db.pf.perc.tpt.2hn.trb
UA: 15.11.2018, Ljubljana
Dauer: 25'

Aufführungen

15.11.2018 (UA)
Slowind Quintet, Klangforum Wien, Steven Loy (cond.); Slowind Festival – Slovenska filharmonija, Ljubljana

5.12.2018 (EA)
Slowind Quintet, Klangforum Wien, Steven Loy (cond.); Radiokulturhaus, Wien

Picture of the world premiere of Bouquet de paramètres sauvages by Vinko Globokar
UA von Bouquet de paramètres sauvages beim Slowind Festival, 2018

Über das Werk

Ein Strauß ist von Natur aus etwas Fröhliches, Farbenfrohes, das voller Überraschungen für seinen Empfänger steckt. Ein Requiem hingegen verkündet den Tod, das Ende. Das Ende eines enthusiastischen Zeitalters, in dem fünf junge Leute (Slowind) beschlossen, dem slowenischen Publikum riskante Musikrichtungen nahezubringen, die in diesem Land außerst selten zu hören waren. Es ist kein Zufall, wenn der slowenische Kultusminister, seit sich die Welt in die musikalische Banalitat und Vergnugung stürzt, das Land erneuert, indem er die Subventionen fur Bewegungen streicht, die zum Nachdenken anregen (darunter Slowind, dem dieses Werk gewidmet ist). Ich hoffe, dass in diesem Strauß jeder Zuhörer seine wilde Blume findet. 
—Vinko Globokar

Partitur von Bouquet de paramètres sauvages




Photos: Marianne Fleitmann (Globokar), Markus Sepperer (Passagio verso il rischio), Teja Kralj / Slowind (Bouquet de paramètres sauvages)