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Odeh-Tamimi's L'Apocalypse Arabe in Aix-en-Provence

Odeh-Tamimi's L'Apocalypse Arabe in Aix-en-Provence

Im Juli 2021 erlebte Samir Odeh-Tamimis zweite Oper L’Apocalypse Arabe als Auftragswerk des Festival International d‘Art Lyrique d‘Aix-en-Provence in Arles ihre Uraufführung. Die Produktion vereinte ein internationales Team um den Dirigenten Ilan Volkov, das Ensemble Modern sowie den Regisseur Pierre Audi, der das Festival seit 2019 gesamt-künstlerisch leitet.


Picture of L'Apocalypse Arabe by Samir Odeh-Tamimi
Uraufführung von L'Apocalypse Arabe


In L’Apocalypse Arabe, seinem zweiten Musiktheaterwerk, wendet sich the Israeli-Palestinian composer Samir Odeh-Tamimi nun einem bedeutenden zeitgenössischen libanesischen Werk zu.Die 1975 entstandene und auf den damaligen Ereignissen basierende Sammlung "Arabische Apokalypse" der Malerin und Dichterin Etel Adnan bietet eine ergreifende Darstellung des Bürgerkriegs im Libanon. Dieses außergewöhnliche Werk - eine virulente Anprangerung der aus Intoleranz entsprungenen Verbrechen - hat Samir Odeh-Tamimi und den französisch-libanesischen Regisseur Pierre Audi zutiefst berührt und inspiriert. Gemeinsam strebten sie danach, diesen mit geheimnisvollen Zeichnungen durchsetzten Liedern die Form eines Musiktheaters zu verleihen, das sowohl die tatsächlichen Ereignisse als auch deren Universalität hervorheben soll. Die Arabische Apokalypse war bereits prophetisch, als sie geschrieben wurde, und bietet weiterhin visionäre Einblicke in die Nöte, denen der Libanon heute ausgesetzt ist.




L'Apocalypse Arabe (2018-2020)

Musiktheater
Libretto von Claudia Pérez Iñesta nach Etel Adnans L’Apocalypse arabe
S.2Ms.2A - Act - Tape - 1.1.1.1 - 2.0.2.0 - perc - 1.1.2.1.1
UA: 4.7.2021, Arles
Commissioned by the Festival International d'Art Lyrique d'Aix-en-Provence. A coproduction with Luma Foundation, Abu Dhabi Festival with the support of André and Rosalie Hoffmann - le cercle incises pour la création contemporaine. Samir Odeh-Tamimi’s commission is supported by Ernst von Siemens Music Foundation.


Aufführungen

4.7. (UA) & 5.7.2021
Festival d'Aix-en-ProvencePierre Audi (Reg.), Ensemble ModernIlan Volkov (Dir.)

Ein kompletter Stream Uraufführung ist ab dem 15.7.2021 verfügbar.

Zum Stream





Über das Werk

L‘Apocalypse arabe ist ein poetisches Werk, bestehend aus 59 Gedichten. Es entstand aus einer Vision heraus, die Etel Adnan 1975 in San Rafael, Kalifornien, über die Schrecken und die komplexen Zusammenhänge des gerade ausgebrochenen libanesischen Bürgerkrieges hatte: Diese Vorahnung über den Krieg, der bis 1990 andauern sollte, ist gleichzeitig als logische Reflexion einer visionären Dichterin zu verstehen. Die Ereignisse waren so grausam, dass sie keinen anderen Weg fand als künstlerisch auf sie zu reagieren. Der Libanon steht dabei stellvertretend für die gesamte Region.

Ähnlich wie Etel Adnan damals empfindet auch der Komponist Samir Odeh-Tamimi heute den Drang, eine künstlerische Reaktion – in Form eines Musiktheaterstückes – auf das Geschehen zu formulieren. Dabei greift er in erster Linie Etel Adnans starke poetische Sprache und ihre Vision apokalyptischer Zustände in der gesamten arabischen Welt auf. In einer Sprache voller Bilder und Symbole, die aber ganz klar viele Ereignisse, Zusammenhänge und Zustände des Krieges beschreibt, entstehen Dialoge zwischen konkreten Fakten wie den Geschehnissen in Tal Al-Zaatar (einem palästinensischen Flüchtlingslager im Süden Libanons, in dem ein Massaker verübt wurde) und dem Panoramischen, dem Kosmos. Wir befinden uns in einer Koexistenz der Zeiten und Räume. Das Revolutionärste an dem Werk ist die Verknüpfung der ganzen Menschheitsgeschichte und des gesamten Universums mit dem Schicksal der arabischen Welt. Sie alle nehmen Teil an der arabischen Apokalypse.


Picture of L'Apocalypse Arabe by Samir Odeh-Tamimi
Uraufführung von L'Apocalypse Arabe


Samir Odeh-Tamimi lernte Etel Adnan 2005 in Paris kennen. Ihr Buch L‘Apocalypse arabe, das sie ihm gleich überreichte, ist seitdem Bestandteil seines Lebens. Es liegt bei ihm immer auf dem Schreibtisch; er nimmt es auf jede Reise mit. Seit ihrer ersten Begegnung verbindet die beiden Künstler eine enge Freundschaft. Der Komponist besucht die Dichterin und Malerin regelmäßig in Paris. Fast alle ihre Gespräche drehen sich um L‘Apocalypse arabe

Als der Regisseur Pierre Audi Samir Odeh-Tamimi fragte, ob er gemeinsam mit ihm ein Musiktheaterstück gestalten wolle, war für beide schnell klar, dass es um L‘Apocalypse arabe gehen sollte – interessanterweise spielt das Werk auch für Pierre Audi eine ganz besondere Rolle in seinem persönlichen und künstlerischen Leben.


Pressestimmen

"Hier zelebriert das Ensemble Modern unter Leitung von Ilan Volkov den faszinierend zwischen raunendem Klangteppich und eruptiven Ausbrüchen, zwischen fremdartig und vertraut changierenden Orchesterklang von Samir Odeh-Tamini. Dieser Klang geht seine eigene Beziehung zu den mit archaischem Pathos vom Chor der fünf wie der griechischen Tragödie entstiegenen Frauen und kurzen, teils im Falsett, gesungenen Passagen vom beindruckend intensiv gestaltenden Thomas Oliemans in der (Haupt-)Rolle des Zeugen ein. Audi hat der vertonten Lyrik einen Raum hinzugefügt, der die Musiker in die Mitte des Publikums platziert, der zentralen Sonne auf der einen Seite der Halle ein schwarzes Quadrat auf der anderen gegenüberstellt. Zu diesen Abstraktionen des Grundsätzlichen, das auch aus den Tiefen der Vergangenheit kommt, werden reale Bilder der Zerstörung in Beirut an die Decke projiziert. Ohne Übertitelung verlässt sich der 80minütige Abend auf die Wirkung der Bilder, das Charismas der Musik und den Klang der Worte der vor der Katastrophe warnenden Lyrik Adnans."
—nmz, 05.07.2021


"Das alles ist einfach, sogar simpel bis zur Obsession, entfaltet in seiner Unerbittlichkeit aber tatsächlich archaische Wucht. Indem Sprechen hier immer wieder ins Singen umschlägt, indem der «Zeuge» auf dem Höhepunkt zum grossen Klagegesang anhebt, erscheint Gesang im Musiktheater nicht als blosse Gattungskonvention, sondern als einziger möglicher Ausdruck des Humanen in höchster Not."
—NZZ, 08.07.2021


„Kunstwerk im besten Sinne, sehr politisch ohne zu konkret zu werden und Protagonisten, die es wirklich Ernst meinen (…) – Hier stimmen alle Parameter.“
—Deutschlandfunk Kultur, 08.07.2021


Partitur von L'Apocalypse Arabe








Photos: Festival d’Aix-en-Provence © Ruth Walz