Herausgegeben von Antony Beaumont
Legende, Reigen und Humoreske
Uraufführung: 18.03.1895, Wien
Zemlinskys Orchester-Suite wurde zu seinen Lebzeiten nur einmal aufgeführt, und zwar im Rahmen eines Konzerts am 18. März 1895 anlässlich des 25. Eröffnungsjubiläums des Wiener Musikvereins. Darüber wurde in der Presse ausführlich berichtet, für Zemlinskys Werk gab es beinahe einhelliges Lob.
Während der Rezensent des
Neuigkeits Welt-Blatt „nicht recht klug“ wurde, wieviel von Zemlinskys Suite „auf des Komponisten eigene Erfindungsgabe entfällt“, konstatierte die
Wiener Abendpost, der junge Komponist habe „sein schönes und gediegenes Talent auf das vortheilhafteste gezeigt.“ Die
Neue Freie Presse meinte, das Werk zeige „freilich noch die Unklarheit einer in Entwicklung befindlichen Conception“, lobte jedoch Zemlinskys „treffliche Behandlung des Orchesters“. Die
Oesterreichische Rundschau erkannte Zemlinskys „hervorragende Begabung“ und meinte: „[Die Orchesterstücke] bieten reiche Abwechslung in Melodie und Rhythmus und fesseln den Zuhörer durch jugendliche Frische und Feuer.“ Ähnlich die
Reichspost, die die Suite als „sehr interessant und feurig“ bezeichnete.
Im Herbst 1895 beantragte Zemlinsky beim Österreichischem Bildungsministerium ein Stipendium, um seine Tätigkeit als Privatlehrer reduzieren zu können und die Instrumentierung der Oper
Sarema abzuschließen. Dem schriftlichen Antrag legte er die Manuskripte dreier Werke bei: die
Symphonie in d-Moll (1892), das
Klavierquartett in D-dur (1893) und die
Orchester-Suite. In ihrer Funktion als Gutachter für das Ministerium sahen sich Brahms und Hanslick die Arbeiten an und gaben Folgendes zur Protokoll: „[Die Partituren] sprechen unzweideutig für das schöne Talent, die ernste Richtung und die bereits achtbare künstlerische Formbewältigung des jungen Mannes.“ Das genügte, um dem Antrag stattzugeben.
Zemlinsky betrachtete seine frühen Werke als bescheidene Etappensiege auf dem Weg zum großen Erfolg. Daher bemühte er sich weder um Folgeaufführungen noch versuchte er, Verleger dafür zu interessieren. Drei Jahre nach dem Jubiläumskonzert nahm er dennoch den „Reigen“ aus der
Orchester-Suite wieder vor und arbeitete den Satz zu einer Chorszene um. In neuer Gestalt fügte er sich prächtig als Auftakt zum 3. Aufzug seiner neuen Oper
Es war einmal... ein. Das Werk wurde am 22. Januar 1900 an der Wiener Hofoper uraufgeführt. Unter der Leitung Gustav Mahlers wirkten die
besten Sänger des Ensembles mit.
Text: Antony Beaumont