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Heinz Holliger spielt Uraufführung von Robert HP Platz

Heinz Holliger spielt Uraufführung von Robert HP Platz

Das Oboenkonzert ist eine Hommage an Heinz Holliger. Haben Sie es ihm auch – wie Mozart es ausgedrückt hätte – auf die „geläufige Gurgel“ komponiert – sind Sie also auf seine spieltechnischen Möglichkeiten und Besonderheiten eingegangen und gibt es auch vielleicht „geheime Botschaften“ an ihn darin?
„Geläufige Gurgel“ ist kein Ausdruck: der Mann kann schlichtweg alles. Da ich keinen Katalog der zirzensischen Unmöglichkeiten schreiben wollte (und Holliger sowieso nichts mehr beweisen muss), ermahnte ich mich dann, immer bei mir selbst zu bleiben und meinerseits nichts beweisen zu wollen. „Geheime Botschaften“ ... : vielleicht. Offensichtlich ist natürlich der Bezugspunkt, versteckte Anagramme ...

Was verbindet Sie mit Heinz Holliger, der ja auch Komponist und Dirigent ist? Was schätzen Sie an ihm?
Als ich in Freiburg Dirigieren bei Francis Travis studierte, wartete ich auf meinen Unterricht im selben Zimmer wie Holligers Studenten. Dadurch war schon zu Studienzeiten eine Verbindung gegeben. Siebengesang, Pneuma, Cardiophonie... : Ich hatte ebenso großen Respekt vor seinem kompositorischen Werk wie vor seiner Leistung als Interpret. Vielleicht war das ja auch ein Ansporn für mich in meiner Doppelfunktion als Komponist und Dirigent. Jedenfalls ist es mir eine ganz besondere Ehre und ein Vergnügen, heute mit ihm zusammen auf der Bühne zu stehen.

Blau, See klingt ja eher nach einer Bezeichnung für ein Gemälde als für ein Musikstück – das heißt, man hat sofort ein Bild vor Augen. War das Ihre Intention?
Ja, ein Bild ... wenn auch sogar ein mehrdimensionales. Bei mir selbst evoziert der Titel auch räumliche Vorstellungen, Nähe/Ferne; über die „kalte“ Farbe Blau auch: kühle Extase des Komponierens.

Welche Funktion hat die Oboe in diesem Werk – eher eine virtuos-brillierende oder eine mit dem Orchester atmosphärisch-verschmelzende?

Virtuos-brillierend sicher nicht, der Gestus des Virtuosen-Konzerts ist schon mit dem 19. Jahrhundert gestorben; was ein „Konzert“ für ein Solo-Instrument und Orchester ist, definiert sich mit jedem Stück neu. Vor die Wahl gestellt, auf einer Scala zwischen Berlioz‘ Harold en Italie und sagen wir Rachmaninows drittem Klavierkonzert meinen eigenen Ort zu bestimmen, würde ich ... ach – mein alter Mathelehrer in der Schule sagte manchmal als Reaktion auf von mir angebotene Lösungen einer Aufgabe: „Es gibt zwei Möglichkeiten. Majestät, wählen die Dritte.“ So sei es ...

Polyphonie und Raummusik ist Ihr Markenzeichen – manifestiert sich das auch in Blau. See?
Das könnte ich gar nicht anders. Das Englischhorn-Solo ist nur eines von vielen Beispielen...

Sie sehen Ihr Werk als eine Gesamtschöpfung an, als organischen Prozess, in den sich die Einzelwerke einfügen. Welchen Stellenwert hat darin das Oboenkonzert?
Es fügt sich in diese klangliche Landschaft ein. Ich arbeite (selbst wenn „Gesamtaufführungen“ weder intendiert noch gar möglich sind) mit sehr lang(sam)en Entwicklungen. Zum Beispiel blieben Doppelrohrblatt-Instrumente bislang fast völlig ausgespart. Vielleicht habe ich mir das unbewusst bis jetzt aufgehoben. Mein Klangideal war immer die Möglichkeit, aus der Stille, dem baren Nichts unendlich leise einzusetzen und genauso wieder in die Stille zu verschwinden. Dies ist mit der Oboe nicht möglich – und so schafft im Kontext meines Werks diese Komposition ein ganz spezielles Podium für Heinz Holliger und sein Instrument.


Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern. Mit Robert HP Platz sprach Dr. Beate Früh.


Photo : Patrick Deslarzes