News

Dai Fujikura: Neue Oper am Théâtre des Champs-Élysées

Dai Fujikura: Neue Oper am Théâtre des Champs-Élysées

Am 5. März 2015 wird Dai Fujikuras erste Oper in Paris uraufgeführt: Solaris wurde vom Théâtre des Champs-Élysées, von der Opéra de Lille, der Opéra de Lausanne, dem Ircam-Centre Pompidou und dem Ensemble Intercontemporain in Auftrag gegeben. Regisseur ist der Choreograph Saburo Teshigawara, der auch das Libretto nach dem Roman von Stanisław Lem geschrieben hat. Die Multimedia-Inszenierung verbindet Musik, Tanz, Live Elektronik und 3D-Videos. In unserem Interview haben wir Dai Fujikura zu Solaris befragt.

Welche Opern haben dir als Vorbild gedient?
Ich habe viele Opernaufführungen besucht, während ich an Solaris gearbeitet habe. Diese Erfahrungen waren interessant und inspirierend. Trotzdem wollte ich keinem bestimmten Vorbild folgen, sondern vielmehr eine Oper nach meinen ganz eigenen Vorstellungen schreiben.

Warum hast du dich für Solaris entschieden?
Ich liebe alle Filme von Tarkovsky, insbesondere Solaris. Aber mich hat die literarische Vorlage, der Roman von Stanislaw Lem, mehr interessiert. Meine Oper bezieht sich auf das Buch, nicht auf den Film.

Ich mochte Solaris schon immer. Einige meiner Instrumentalwerke, wie zum Beispiel das Posaunenkonzert Vast Ocean und dessen „kleiner Bruder“ K’s Ocean für Posaune und Elektronik, basieren auch auf dieser Vorlage.

Für mich ist Solaris keine Science Fiction-Geschichte. Es ist vielmehr eine Geschichte über die Abgründe der menschlichen Psyche. Die Handlung spielt nur deshalb im Weltraum, damit sie auf das Wesentliche reduziert werden kann.



Inwiefern ist Solaris eine traditionelle Oper?
Mein Zugang war ziemlich direkt. Die Handlung und alle Charaktere sind sehr dramatisch und mysteriös angelegt. Es gibt eine große Vielfalt unterschiedlicher Emotionen, zu denen ich die Musik komponiert habe.

Wie war die Zusammenarbeit mit dem Librettisten?

Das Libretto wurde von Saburo Teshigawara verfasst, dem Regisseur und Choreographen der Pariser Inszenierung. Ich war sofort begeistert von seiner Version, er erzählt die Geschichte sehr kraftvoll und mitreißend.

Ich habe das Libretto mit meinem guten Freund, dem Schriftsteller Harry Ross, aus dem Japanischen ins Englische übersetzt. Wir haben dabei sehr genau darauf geachtet, dass die Wörter sich gut für eine Vertonung eignen.

Solaris Fujikura

Welche Rolle spielt Elektronik?
Gilbert Nouno und ich haben etwa vier Monate am Ircam gearbeitet. Vor Solaris hatte ich einen anderen Zugang zur Elektronik: Ich habe einfach das verwendet, was gut geklungen hat. In der Oper dient die Elektronik dazu, die Geschichte zu erzählen.

Es gibt dabei eine Besonderheit: kein einziger Einsatz (Cue) ist fest vorgeschrieben! Die Elektronik läuft während des ganzen Stücks mit und kann beliebig eingesetzt werden. Dadurch erhält die Oper ein Element der Improvisation. Meiner Meinung nach ist dieses Vorgehen sehr wirkungsvoll, die Elektronik beflügelt die Partitur. Bei der Uraufführung werde ich die Elektronik selbst bedienen, ich werde es dann bei jeder Aufführung anders machen.

Die Oper ist eine komplexe Kunstform. Was waren deine Erfahrungen bei der Komposition?
Ich habe schon vor einigen Jahren die Erfahrung gemacht, dass ich unter Zeitdruck nicht komponieren kann. Deshalb nehme ich mir immer sehr viel Zeit für meine Projekte. An Solaris habe ich eineinhalb Jahre gearbeitet, und ich muss sagen, dass es mir viel Spaß bereitet hat. Am Schluss war ich sogar etwas traurig, weil ich die Welt von Solaris, in der ich so lange gelebt hatte, nun verlassen musste. Am liebsten würde ich jetzt gleich anfangen, meine zweite Oper zu komponieren!
 

Photos: Vincent Pontet