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Spotlight on Prokofiev and Koussevitzky

Spotlight on Prokofiev and Koussevitzky

Im heute zu Ricordi gehörenden Forberg-Verlag sind einige der wichtigsten Werke der russischen Musik erschienen, darunter das Kontrabass-Konzert von Koussevitzky und das 1. Klavierkonzert von Prokofiev.

Prokofiev: 1. Klavierkonzert
Picc.2.2.2.2.Ktfg – 4.2.3.1 – Pk.Gl – Str
Dauer: 16‘
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Das 1. Klavierkonzert von Sergej Prokofiev wurde zwischen Frühsommer 1910 und Februar 1912 komponiert und am 25. Juli 1912 in Moskau mit dem Komponisten als Solisten uraufgeführt. Zu diesem Zeitpunkt schloss der 21-jährige Prokofiev sein Kompositionsstudium ab und hatte bereits einige symphonische Werke, eine Klaviersonate und verschiedene Charakterstücke für Klavier in seinem Portfolio. Das Klavierkonzert entstand aus dem Material mehrerer Stücke: aus einem leicht zu spielenden Concertino, das auch für Studenten des Konservatoriums geeignet gewesen wäre, und aus einem anspruchsvollen Klavierkonzert, das für ihn selbst als Solisten gedacht war. Die Skizzen zu den beiden Werken sind schließlich zu einem einzigen Werk verschmolzen.

Dieses Verfahren, das an das Zusammensetzen eines Puzzles erinnert, wird von Prokofiev im Laufe seines Lebens immer wieder angewendet und zeigt sich auch in der Form des Klavierkonzerts, die von einem Rezensenten der damaligen Zeit als zusammenhaltlose, konstruierte Aneinanderreihung verschiedener Fragmente kritisiert wurde. In Wirklichkeit ist die Form des einsätzigen Stücks originell, zukunftsweisend und trägt sowohl Züge eines Sonatenhauptsatzes als auch  eines kompletten Sonatenzyklus. Außerdem ähnelt das Konzert wegen seiner äußerst markanten Einleitung, die am Anfang, in der Mitte und am Ende des Stückes im Tutti erscheint, einem klassischen Rondo. In einem Tagebucheintrag von 18. August 1912 beschreibt Prokofiev die differenzierte und komplexe Struktur seines 1. Klavierkonzerts folgendermaßen:

„Nach der kraftvollen Einleitung in Des-Dur folgt in C-Dur der Übergang zu dem Hauptthema in Des-Dur, dann ein Seitenthema in e-Moll. Im Anschluss an die Kadenz erscheint dann ein weiteres Thema, ebenfalls in e-Moll, das Schlusscharakter hat und das man deshalb auch als erstes Schlussthema bezeichnen kann. Doch danach kommt noch ein zweites Schlussthema in E-Dur. Trotz des abschließenden Charakters endet die Exposition hier aber keineswegs, sondern stürzt nach einer kurzen Modulation wieder ins Einleitungsthema. [...] Nun sollte eigentlich die Durchführung kommen, aber bei mir gibt es stattdessen ein völlig neues Thema, ein vollkommen vollendetes und für sich stehendes Andante. Danach folgt eine Durchführung mit dem Charakter eines Scherzos, die auf dem Material des zweiten Schlussthemas basiert. Schließlich spielt das Klavier das Hauptthema in C-Dur statt Des-Dur, damit es ein bisschen frischer klingt. […] Später, nachdem Seitenthema und Schlussthema abwechselnd erscheinen, führt die Überleitung wieder zu dem Einleitungsthema, mit dem das Werk endet.“

Prokofiev antizipiert also in diesem Werk verschiedene formelle Techniken des beginnenden 20. Jahrhunderts wie z. B. Montage. In seiner mehr als hundertjährigen Geschichte hat sich das 1. Klavierkonzert als ein immer noch frisches und unkonventionell wirkendes Virtuosenstück bewährt, das die Tradition des romantischen Klavierspiels gleichsam zusammenfasst und abschließt.

Text: Sergej Newski




Koussevitzky: Konzert für Kontrabass und Orchester op. 3 (1902)    
2.2.2.2 – 4.0.0.0 – Hrf – Str
Dauer: 17‘
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Mit dem Namen Serge Koussevitzky verbindet man zu allererst das Boston Symphony Orchestra. Mehr als 25 Jahre war er Chefdirigent dieses Orchesters und hat in dieser Funktion das Musikleben der USA entscheidend geprägt. Oder aber man bringt den Namen mit der Serge Koussevitzky Music-Foundation in der Library of Congress in Verbindung – und deren Mission zur Förderung zeitgenössischer Musik. Weniger bekannt ist Serge Koussevitzky allerdings als Komponist.

Zu seinen wichtigsten Werken zählt das Kontrabasskonzert aus dem Jahr 1902. Solo-Konzerte für Kontrabass waren (und sind) eine Rarität. Für kaum ein anderes Instrument im Orchester-Apparat gibt es so wenig virtuose Literatur. Der besondere Reiz bei Koussevitzky besteht in der Übertragung der russisch-spätromantischen Klangsprache auf die eigentümliche Klangfarbe des Kontrabass. Der Einfluss von Komponisten wie Tschaikowsky und Rimsky-Korsakow ist deutlich zu hören. Das Hauptthema erinnert zudem an das der 9. Sinfonie von Dvořák – dass dieses bei Koussevitzky von einem Horn gespielt wird, verweist darüber hinaus auf Tschaikowskys 1. Klavierkonzert.

Das dreisätzige und mit rund 17 Minuten Dauer recht kurze Werk ist geprägt von lyrischen Melodiebögen, die sich in romantischem Gestus lieblich und schwärmerisch zu Kantilenen ausweiten. Dabei steht nicht so sehr die Virtuosität, sondern der Ausdruck im Vordergrund. Die gefühlsbetonte und leidenschaftliche Sprache kommt nicht von ungefähr: Das Werk ist Natalie Ushkov gewidmet, der Tochter eines wohlhabenden Teehändlers. Die Uraufführung fand am 25. Februar 1905 in Moskau statt – die Hochzeit mit Natalie folgte noch im gleichen Jahr.

Text: Annette Thoma