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Ricordi Berlin verlegt Bernhard Lang

Ricordi Berlin verlegt Bernhard Lang

Ricordi Berlin übernimmt den Katalog von Bernhard Lang und wird zukünftige Werke des österreichischen Komponisten veröffentlichen. Das Repertoire umfasst mehr als 100 Kompositionen, darunter 11 Bühnenwerke. Für die Zukunft ist unter anderem „ParZeFool- Der Tumbe Thor“ geplant, eine Neuinterpretation von Richard Wagners Oper „Parsifal“. Das Bühnenwerk wird 2017 bei den Wiener Festwochen uraufgeführt, Regie führt Jonathan Meese.

Bernhard Lang ist nach Georg Friedrich Haas der zweite international renommierte Komponist, der im Jahr 2016 zu Ricordi Berlin wechselt.


INTERVIEW



Warum haben Sie sich für einen Wechsel zu Ricordi Berlin entschieden?
Ricordi ist ein großer Attraktionspunkt, ein Verlag, der eine große Offenheit ausstrahlt. Wichtig waren für mich auch Empfehlungen von FreundInnen wie Olga Neuwirth oder Enno Poppe. Mit letzterem hatte ich ein längeres Gespräch in der Akademie der Künste Berlin. Danach war Ricordi die erste Adresse, an die ich mich gewandt habe. Ich glaube, dass Ricordi in der Repräsentation zeitgenössischer Komponisten eine pole position einnimmt. Da meine Musik glücklicherweise immer mehr international aufgeführt wird, benötige ich auch einen weltweit tätigen Verlag. Der Wechsel erfolgt übrigens im besten Einvernehmen mit meinem bisherigen Verleger.

Sie haben sich viel mit Jazz, Improvisation und Turntablism beschäftigt. Welche Rolle spielt Improvisation für Sie?
Improvisation spielt in meinen Werken eine wichtige Rolle. Das Spannungsfeld von Notat, Improvisation und persönlichem Diskurs mit dem Interpreten ist ein fester Bestandteil gerade meiner letzten Arbeiten. Wobei ich gelernt habe, das Ganze nicht überzubewerten. Improvisation ist eine Sprachform, in der es genauso Floskeln, wiederholende Muster und auch Abnutzungserscheinung gibt.

Drückt sich darin eine oppositionelle Haltung zur Neuen Musik aus?
Eine Oppositionshaltung zur Neuen Musik habe ich niemals eingenommen. Ich habe eine klassische Musikausbildung genossen, ich habe nachmittags im Konservatorium Chopin gespielt und abends mit einer Rock-Band geprobt. Ich kann nichts dafür, dass diese Offenheit später als Opposition gedeutet wurde.

Eine Oppositionshaltung hatte ich eher zu mir selbst eingenommen, indem ich mir bestimmte Dinge eine Zeit lang nicht erlaubt hatte. Ich hatte eine Phase, in der ich Komponist der Neuen Musik sein wollte, mit ganz großem »N« und ganz großem »M«. Ich musste in dieser Zeit jedoch feststellen, dass die Stücke nicht ganz meinem Naturell entsprechen. Mitte der 1990er Jahre habe ich dann wieder begonnen, selbst auf der Bühne zu improvisieren und war Teil der damals sehr starken Improvisations-Szene in Wien. Das führte dann später zu DW2, bei dem auch ein kurdischer Sänger und ein Rapper mitwirken. Diese Freiheit habe ich mir selbst erlaubt, und ich bin dadurch wieder offener geworden.

Diese neue Freiheit führte zu einem unglaublichen energetischen Schub. Seitdem entstanden zum Beispiel DW 3-27, die Monadologien 1-30 sowie mehrere große Musiktheaterwerk. In dem neuen Stück für Donaueschingen 2017 finden diese beiden Pole wieder zusammen: ein Orchester trifft auf einen (passagenweise) improvisierenden Solisten, einen Jazzbass und einen Synthesizer.

Welche Rolle spielt der/die HörerIn für Sie?
Beim Schreiben denke ich an die Live-Situation und nicht an den/die ZuhörerIn. Die Aufführung läuft vor meinem inneren Auge ab, ich bin dabei die einzige Person im Publikum. Beim Komponieren denke ich aber sehr an den Musiker, der während des Kompositionsprozess manchmal neben mir zu stehen scheint.

Die wirklichen Zuhörer treffe ich dann erst bei der Uraufführung im Saal. Das trifft mich dann häufig sehr überraschend, und oft genieße ich auch diesen Moment, diese Spannung. DW 5 war eine Zeitlang regelrecht ein Hit und wurde viel gespielt, hier erlebte ich sowohl Begeisterungsstürme wie auch erboste Buh-Rufe.

Als ich Composer in Residence bei der Sächsischen Staatskapelle Dresden war, wurden wir von einem vollen Haus total ausgebuht, wobei das Orchester wirklich gut gespielt hat! Ich bin dann auf die Bühne gegangen und richtete mich an das Publikum: »Meine Damen und Herren, mir ist ein kritisches und aufmerksames Publikum immer lieber als ein indifferentes, aber ich bitte Sie, die hervorragende Aufführung des Stücks von der Qualität meiner Komposition zu unterscheiden.« Das fand das Publikum wohl gut, und das Orchester war auch froh, dass unsere wirklich gute Zusammenarbeit so gewürdigt wurde. Die weiteren Konzerte in Dresden kamen dann auch beim Publikum sehr gut an…

1. Teil – to be continued

Die nächsten Teile dieses Interviews werden in der Zukunft auf der Ricordi-Website veröffentlicht. Das Gespräch führten Maximilian v. Aulock und Daniela Brendel.