Bei den Donaueschinger Musiktagen erklingen Uraufführungen von Georg Friedrich Haas, Hannah Kendall, Bernhard Lang und Mauro Lanza.
Uraufführung von Cheap Opera #3 "May"
14.10.2022 (UA)
In seiner Dokumentaroper
Cheap Opera #3 "May" für die Neuen Vocalsolisten Stuttgart und den Bassklarinettisten Gareth Davis arbeitet Bernhard Lang mit Texten und Zeichnungen der an Parkinson erkrankten Architektin und Schriftstellerin May Kooreman. Im Zentrum steht die Reduktion auf das Wesentliche: Wahrnehmung, Identität, Tod und Leben.
Neue Vocalsolisten Stuttgart
Gareth Davis (Bassklarinette)
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Über Cheap Opera #3 "May"
"Wir sind alle Menschen, haben Beziehungen, durchleben Geburt, Krankheit und Tod. Warum ist mein Leben mit Parkinson so anders, was gibt es da zu erzählen? Sind meine Erfahrungen am Ende nicht universell? Fühlt sich nicht jeder Mensch manchmal einsam und verloren? Wir alle bringen unsere eigenen Ängste, Überzeugungen und Vorlieben ein. Es gibt nicht die eine Wahrheit über Parkinson, es ist meine Wahrnehmung neben der Ihren."
—May Kooreman
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Uraufführung von Gretchen and the fragment on machines
15.10.2022 (UA)
Gretchen and the fragment on machines ist Mauro Lanzas eigene Interpretation von Automatisierung und Musik über Maschinen. Es ist die Darstellung einer "weichen" Maschine, die die Poesie des Fleisches zu kennen scheint und deren Zahnräder, Rollen und Hebel sich jederzeit fließend neu anordnen können.
The Lincolnshire Poacher, ein weiteres Ensemblewerk von Lanza, gelangte übrigens kürzlich in Paris zur Uraufführung.
Talea Ensemble
Susanne Blumenthal (Leitung)
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Über Gretchen and the fragment on machines
Heutzutage neigen wir dazu, maschinelles Verhalten mit dem binären System zu assoziieren und damit mit dem Four-on-the-Floor-Dogma, das Genres wie die elektronische Tanzmusik dominiert. Das war nicht immer so, denn Räder und Rädchen können jede beliebige Art von Rhythmen erzeugen: Das Schema von Schuberts Gretchen am Spinnrade zum Beispiel stellt ein elegantes dreiteiliges Drehen dar, und die gleiche Art von Schema findet sich auch in anderen maschinenbezogenen Stücken wie Iron Foundry von Alexander Mosolov.
—Mauro Lanza
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Uraufführung von weiter und weiter und weiter ...
16.10.2022 (UA)
Georg Friedrich Haas‘ vielfarbig schillernden Obertongebilde bringen Raum und Zeit in ungewohnte Verhältnisse. In
weiter und weiter und weiter ... gestaltet er konsequente Beschleunigungen. 45 Minuten lang wird ein ewiges, unbarmherziges Accelerando zelebriert.
Ensemble Modern
Vimbayi Kaziboni (Leitung)
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Über weiter und weiter und weiter ...
Vor einigen Jahren schrieb ich meine Memoiren nieder. Erinnerungen an die Kindheit und Jugend – in einer Familie, sie sich selbst als "anständige Nationalsozialisten, die ihrer Gesinnung immer treu geblieben sind" definierte. Ich schrieb über die Gewalt und den Missbrauch, denen ich ausgesetzt war. Und ich beschrieb das Netzwerk der Altnazis, das Österreich durchdrang, und von dem ich einen kleinen Teil mit eigenen Augen und Ohren wahrnehmen konnte.
—Georg Friedrich Haas
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Uraufführung von shouting forever into the receiver
16.10.2022 (UA)
Im selben Konzert von Ensemble Modern verwendet ricordilab-Laureatin Hannah Kendall in
shouting forever into the receiver "vorprogrammierte Musikboxen, die [...] fortwährend klimpernde Fragmente [von Mozart, Beethoven und Strauss wiederholen] und so eine Verbindung zwischen der Gegenwart und jener Zeit [schaffen], in der diese allseits bekannten Werke geschrieben wurden: die Zeit, als die Plantagen entstanden sind."
Ensemble Modern
Vimbayi Kaziboni (Leitung)
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Über shouting forever into the receiver
"shouting forever into the receiver" ist ein Zitat aus Ocean Vuongs Roman "On Earth We’re Briefly Gorgeous", in der ein kleiner grüner Spielzeugsoldat aus Plastik beschrieben wird, der ständig in dieser Aktion verharrt. Als ich diesen Satz zum ersten Mal las, erinnerte er mich sofort an die Rufe und Schreie nicht nur der Plantagen, sondern auch der ganzen Plantagenmaschinerie, eines Systems, das sich auch lange Zeit später immer noch endlos wiederholt.
—Hannah Kendall
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Photos: Harald Hoffmann (Haas, Lang), Casa Ricordi (Lanza), Emily Denny (Kendall), SWR / Ralf Brunner (Cheap Opera), SWR / Astrid Karger (Gretchen and the fragment on machines, weiter und weiter und weiter ..., shouting forever into the receiver)